24 Dinge, die mir 2018 gezeigt hat – 22. Dezember – Souvenir

Was nehme ich mit aus diesem Jahr? 
Und was lasse ich zurück?
Ich habe in den letzten zwanzig Tagen von Erfahrungen, Lektionen, Wünschen, Hoffnungen, Enttäuschungen, Ängsten gesprochen. Davon, dass dieses Jahr keines war, an dem man sich vorbei schummeln konnte.
Raue See zeigt einem auch, wo das Boot Schwächen hat.
Und ja, Schwächen habe ich viele.
Aber ich habe erkannt, dass vielleicht die Meere nicht die richtigen sind. Und möglicherweise muss ich auch nicht bei jedem Wetter raus.
Ich konsumiere Bücher regelmäßig, und um eines hab ich mich recht herum gedrückt: Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann.“
Das hat mit meiner Arroganz zu tun, allem, was breitenwirksam daher kommt, sofort mit an Ablehnung grenzender Skepsis zu begegnen.
Ein Fehler in diesem Fall. Manchmal ist der Grund, warum etwas Bestseller ist, einfach der, weil das Buch einfach gut ist. Leky skizziert herrlich schräge Lebensmodelle, allesamt völlig IG-untauglich, mehr oder weniger am Leben gescheiterte Menschen, die aber genau dieses Leben in einer Nonchalance meistern, die mir Vorbild sein soll. Für 2019.
Milde. Gegenüber anderen. Aber vor allem gegenüber sich selbst.
Geduld und Gelassenheit. Und Vertrauen. In das große Ganze.
Die galoppierenden Pferde der Begeisterung zurückhalten, vielleicht ein bisschen Brom ins Futter?
Und heraus mit den Rennpferden. Die schönen Dinge, die ich erschaffe. Erschaffen will und kann.
Erkennen, dass ich gar nicht anders kann.
Dass das Suchen nach Lösungen, nach Verbesserungen im ästhetischen Bereich das Einzige ist, was ich wirklich gut kann. Und tun muss.
Wenn das mich nicht ernährt und die Miete zahlt, ich aber trotzdem nicht etwas völlig Artfremdes tun kann, und vor allem kann ich es nicht in liebloser gleichgültiger und/oder ignoranter Umgebung tun.

Zurücklassen möchte ich die Unsicherheit, die Unsensiblität und Ignoranz mir selbst gegenüber, die Hitzköpfigkeit, mit der ich mich immer wieder in Situationen manövriere, wo ich nur durch viel Aufwand und erheblichem Schaden wieder raus komme.

Mit diesen Parametern haben wir ja schon ein paar Vorgaben für das kleine Schifferl, das mich gut durch 2019 bringen soll.

So aufgestellt, wenden wir uns den letzten Schritten beim Adventrock zu: Saum nähen.
Und da kann man mich jetzt gleich wunderbar bewundern, wie ich damit umgehe, wenn meine Planung wieder mal nicht funktioniert:
Für Kleinformat habe ich im Zuge dieser Nabelschau ein paar Dinge festgestellt, die mir am Herzen liegen. Ich habe ein paar Sachen im ersten Quartal vor, wer hier ab und an vorbeikommt, wird sie mitbekommen. Und natürlich wenn man ein Unternehmen hat, ob Mikro oder Makro, schaut man, was die Mitbewerber machen. Und ich sehe viele tolle Dinge und alle sind eins perfekter als das andere und ich denke mir, ja genau so will ich das auch. Und dann fällt mir wieder so was ein wie der Adventrock – und ehe ich mich versehe – die vorausgaloppierenden Pferde der Begeisterung – lege ich auch schon los. Und unterwegs merke ich, dass man alles möglicherweise viel besser, viel professioneller, viel wasweißichwas machen hätte sollen und können, hätte man im Oktober die Videos gemacht (innere Stimme weise und bissl altklug) – aber im Oktober ist mir der Sch… nicht eingefahhhallleeennnnn (innere Stimme ja ich weiß eh… ich und meine Ideen…)
Ihr seht es gibt ein Dilemma. Für den Rock bedeutet das: Er ist zu kurz. Also zu kurz für mich.
Wer bei der Anprobe feststellt, der Rock hat die perfekte Länge, freut sich, bügelt zuerst 1 cm, dann 3 cm um und säumt nach Anleitung: Aus dem Saum rausstechen, einen Faden vom Oberstoff aufnehmen und sofort wieder in den Saum reinstechen, quasi „unterirdisch“ ca. 3-5 mm weiter gehen und wieder raus aus dem Saum, Oberstofffaden aufnehmen, wieder rein, usw. usw. Immer gut drauf achten, dass auf der rechten Seite wirklich nur die winzigen Punkte der aufgenommenen Fäden zu sehen sind.
Wer meint, der Rock wäre zu kurz: Willkommen in meinem Club! Dann halt verstürzen: Einen Stoffstreifen, ca. 5 cm breit, genauso lang wie der Rock rundherum lang ist plus Nahtzugabe – eventuell muss man öfter stückeln zu einem langen Band zusammennähen und dieses dann rechts auf rechts an den Rock nähen. Und dann das gleiche Spiel wie oben: Auf die linke Seite bügeln, 1 cm umbügeln, 3 cm umbügeln, feststecken. Säumen.

Der Rock ist weit. Das ist eine schöne kontemplative Arbeit, wo man eben auch ein wenig drüber nachdenken kann, was man für nächstes Jahr braucht und was da bleiben kann.
Irgendwann ist man fertig, bügelt und freut sich enorm über diesen wunderschönen Handsaum. Und denkt sich vielleicht – so wie ich – warum mache ich das nicht bei jedem Projekt???

Dann nochmal Nadel und Faden schnappen und die Stoffkanten beim Zipp UNTERHALB der Passe ebenfalls wie beim Saum „unsichtbar“ anstaffieren. So heißt das nämlich, dieses mit kleinen unsichtbaren Stichen irgendwas wo fixieren.
Und gleich als erste Lektion im neuen Umgang mit mir selbst: Ja, andere machen es perfekt(er). Ich mach es eben so. Möglicherweise mögen auch ein paar Leute die Pannen sehen, die mir passieren. Sehen, wie man im echten Leben damit umgeht, und dass man eben auch mit solchen Situationen umgehen kann, weder die Nerven noch das Stück wegschmeißen muss.


Damit ist fast alles getan. Morgen noch das Futter ablängen und bügeln… Für heute: die Ruhe, die eine gute Stunde Handnähen in einem breit werden lässt, mitnehmen. Alles ist gut. Wer einen Handsaum nähen kann, dem kann eigentlich nichts passieren. Fürchtet Euch nicht. Wird bald einer sagen. Wir wissen es jetzt schon.