IRIS ist da!
Manche Dinge brauchen einfach länger.
Iris gab es schon VOR dem Origami-Rock.
Beiweisbilder zeigen es:
Dazwischen liegen gefühlt ein ganzes, aber zumindest halbes Leben.
Als ich diesen Oberteilschnitt das erste Mal genäht habe, hatte ich noch nicht mal das Büro, vor dem ich mit dem Streifenorigami posiere. Jetzt habe ich es auch nicht mehr. Eine gewisse Wehmut ist schon da. Aber mehr so wie man auf einen Lebensabschnitt zurück blickt, der eben Schönes mit sich gebracht hat, der aber eben auch unwiederbringlich vorbei ist.
Ruhiger ist mein Leben am Land nicht wirklich geworden. Das hat sicher viel mit der grad aktuellen Baustelle zu tun, die mit dem Wunsch der jungen Damen im Haus nach eigenen Räumen zu tun hat. Um dem eins drauf zu setzen, setze ich mich zwischen Gipskartonwändespachteln und Wärmedämmungsfassadendetailsrumstreiten an die Nähmaschine. Kleine überschaubare Projekte. Niemand, der auf Anweisungen oder Entscheidungen wartet, keine Angebote auf die ich warte, ein kleines in sich geschlossenes Universum. Das ist das Nähen dann für mich. Damit es nicht zu einfach ist, mach ich noch ein Video draus und zeichne einen Schnitt. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Mit dem Nähen an sich im Chaos als therapeutische Maßnahme bin ich sicher nicht allein.
Und IRIS hat so einiges, was einem genau in diesen Momenten entgegen kommt. Wenn man kein Anleitungsvideo daneben dreht, ist es sicher schwer länger als einen halben Tag mit ihr zu verbringen. Sie ist EINDEUTIG ein Baumwolltyp. Obwohl man sie natürlich auch aus Jersey nähen könnte – dann aber eher in der einlagigen Version. Nein, ich denke IRIS Schokoladenseiten kommen dann richtig hervor, wenn sie in eher dünnen Batist performen darf. Wenn Nähte nach dem Nähen gut gebügelt werden und so bleiben, wenn Ecken schön ausgeformt werden und so bleiben, sprich, wenn man mit ihr etwas ausmacht, man sich drauf verlassen kann, dass das dann auch so ist. Eine Freundin für Krisenzeiten.
Durch die Doppellagigkeit bekommt der Körperteil eine gewissen Standfestigkeit, d.h. IRIS schaut auch nicht so genau hin, ob da eventuell durch echte Krisen benötigte Schokoladenzufuhr Spuren um die Leibesmitte hinterlassen haben. Ob ein BH-Verschluss hinten eine Optik hinterlässt, die naja, schauen wir der Tatsache ins Auge, ein wenig an gewisse Produkte in der Fleischtheke erinnert. Nein, IRIS umspielt das großzügig und mit zwei Stofflagen legt sie sich auch nicht so ran, dass sofort beim kleinsten Windhauch alles preisgibt. Nein, IRIS ist eine, die dicht hält. Freundin eben. Hab ich ja schon gesagt.
Genau diese Doppellagigkeit erspart einem auch das mühsame Formbesatzgestecke der einfachen Version … Formbesatz ist super. Aber nur was für entspannte Momente, wo man die Geduld hat mit Maßband und gefühlt einer Million Stecknadeln einige Zeit lang am Bügelbrett zu stehen und dafür zu sorgen, dass dieser Formbesatz RUNDHERUM GLEICHMÄSSIG 4,5 cm vom HS entfernt ist, und bleibt. Und das auch noch ohne Ecken. Nein, dafür bin ich momentan nicht in der Verfassung.
Das einzig Knifflige ist der Moment, wo man dann quasi wie beim Weihnachtstruthahn den Arm in IRIS versenken muss, um den Saum – also eigentlich beide Säume gleichzeitig zu schnappen und rauszuziehen. Eine Handlung, vor der ich größten Respekt habe. Beim Weihnachtstruthahn sowieso. Aber den mach ich nicht. Aber ich konnte oft genug zusehen. Und was da raus kam, war alles andere als ein schöner Saum… aber ich schweife ab. Nein, bei den Milliarden Loopschals. Während ich mit Knopf im Hirn am Loopschal gescheitert bin, gingen links und rechts von mir die Loopschals quasi in Akkordproduktion. Daher nehme ich an, dass nur ich mich so eingeschüchtert diesem Schritt nähere… und ihn letztlich eh gemeistert habe.
Dann wieder alles umgedreht und gut isses. Wunderschön. Innen und außen.
Die Ärmelchen sind wirklich keine Herausforderung mehr, alles Ovi, je eine Naht noch, nochmal Ovi und bügeln und anziehen.
So will ich das Leben.
Bitte.
Jetzt.
😉 Naja, in meinem Fall gibt es ja auch eine Geschichte dazu: Modeschule mit Schneidereiausbildung, und dann kam mir der neu aufgelebte DIY Trend nach der 2000er Wende sehr zu pass. Und kleinformat hat mal sehr viel Schnitte verkauft. Aber mittlerweile gibt es zig Indie-Schnittdesigner – schaffe ich es nochmal da anzuschließen, wo kleinformat schon mal war?
Bezüglich meiner eigenen Kleidung… vielen Dank für das Kompliment. Aber auch hier… mit 46 hast du entweder so viel Geld, dass du dir die coolen Designer wie Margiela oder Yamamoto leisten kannst, wenn es nicht dieser – durchaus tragbare, aber halt doch bisschen Allerwelts- Stil von Esprit, Hilfiger, Tchibo sein soll. Und für mich geht das eine nicht. Und das andere auch nicht. Da bleibt dann nicht soviel außer selbst ran an den Stoff… 😉
Finde es echt beeindruckend wie du deine Kleidung selbst entwirfst und dann auch nähst. Ich kann nicht mal einen Knopf annähen, mir fehlt da das gewisse Feingefühl.
Echt klasse von dir, dass du da voll hinter stehst.