Mjam: liebevoller Blick auf besoffene Birnen

Nein, ich bin keine Bäckerin. Keine Kekse-Bäckerin. Und schon gar keine Tortenbäckerin. Ich bin von der Nuss/Chips-Fraktion, obwohl ich natürlich gerne Schokolade und Süßzeug esse. Aber eben nicht soooo gerne, dass ich meine Zeit in die Produktion unglaublicher Köstlichkeiten investieren möchte, wie man sie allerorts auf den Social Media Kanälen sieht.
ABER. Ich bin gerade in die Dekofalle gestolpert. Deko everywhere. Und von Deko ist es dann zur gestylten Torte nur noch ein ganz kleiner Schritt. Also bin ich auch gleich in diese Falle gestolpert. Und es war Weihnachten.
Und die Kinder wollten, dass wir Weihnachten endlich mal bei uns feiern. Und nicht wie immer bei Omi.
Omi kippte wider Erwarten nicht bewusstlos hinten über.
Und schon fand ich mich wieder knietief in der Planung eines Essens für den Heiligen Abend, dass Omi et al nicht völlig überfordert und mir nicht das Gesicht einschlafen lässt.

Wer hier ab und an vorbeischaut, weiß, dass ich beim Damensalon regelmäßig eine Art Frühstücksbuffet veranstalte. Also war die Frage nach der Speisenfolge schnell geklärt: Kalte Platte.

Aber es brauchte schon ein „Key Piece“.

Also Torte.

Aber nicht irgendeine.

Und wieder verweise ich auf etwas, was regelmäßige BesucherInnen hier vielleicht schon bemerkt haben, ich habe so ein Ding mit Äpfeln und Birnen. Weniger zum Essen, als in ihrer Form. Also hatte ich sofort das Bild von einer Torte mit drei Birnen oben drauf.

Dolores Wally Birnentorte

Etwas Research lieferte mir zwei Rezepte.
Und meine Version ist im Grunde eine Mischung aus diesen beiden.

Ich verweise credit-technisch also voll und ganz auf Livforcake und the cake blog.

Ich habe natürlich noch viel viel mehr Recherche betrieben – ehrlich, gibt es irgendwen, der nur kurz etwas im Internet schaut – und tatsächlich nach dem Finden des Gewünschten nicht einem der gefühlten 247.315 Links folgt?

Erst letztens habe ich wieder in einem Podcast gehört, dass in Silicon Valley Neurowissenschaftler damit beschäftigt sind, noch besser herauszufinden, wie sie uns dazu bringen, noch mehr Zeit online zu verbringen. Es geht also überhaupt nicht darum, noch diese eine Information zu lesen, oder dieses eine Bild anzuschauen. Es geht nur einzig und allein darum, niemals offline zu gehen. Puh. Ich bin abgeschweift.

Zurück zur Torte.
Liv mit ihrem Birnen-Walnuss-Rezept führte mich zu dem tollen Hinweis, dass man so eine Art feuchten Schal um die Tortenform legt – beim Backen. Weil dann der Teig weniger „Haube“ in der Mitte macht. Völlig nachvollziehbar für mich. Wurde sofort umgesetzt. Tatsächlich wenig „Haube“. Ich war glücklich. Dann habe ich diese fantastische Philadelphia-Creme zusammengemixt. Die beiden Tortenebenen damit übereinander zusammengebaut. Außen verziert. Thanks God ist dieser wonky unfinished Look gerade trés chic und mein Tortenüberzug hat einfach nur unglaublich cool ausgesehen.

Die Birnen habe ich in einer dünnen Karamelsauce aufgekocht und dann über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag Birnen drapieren und Sauce nochmals aufwärmen, damit sie gießbar wird und very instagramable darum herum gießen.

Dann kam der Weihnachtsabend. Glücklicherweise war es draußen kalt, so dass ich diesen Tortenbirnenturm einfach auf die Terrasse stellen konnte. Wohlweislich mit Klarsichfolie drüber. Es gibt Rehe um unser Haus, die finden unsere Zwetschken und Kirschen grandios. Ich wollte nicht herausfinden, ob sie auch karamelisierte Birnen mögen.

Also Weihnachtsabend. Kalte Platte – mit 20dag Schinkenaufschnitte für Omi et al – für mich und meinesgleichen mit Lachs und zig verschiedenen Käsesorten und ebenso vielen Fleischscheibchen vom oh so politically correct, weil regional und eigenen kleine rosa Tiere züchtenden Fleischhauer. Dazu wieder meine Marzipanbirnen und meine Aufstriche und alles dekoriert, dass jeder Profiinstagramer niedrig wird, es war in jeder Hinsicht köstlich.

Dolores Wally Weihnachtstafel

Bis meine Kuchen- und TortenPROFIverwandten MEIN Birnenkunstwerk gekostet haben.

„Der Teig eignet sich auch sicher gut für Brownies!“

Mrs. Backchallenge, das heißt übersetzt: Rausgeflogen in der ersten Runde!

Weil, wenn ein Teig nicht aufgeht – ob weil er mit nassem Küchentuch um die Form daran gehindert wird, oder weil er  soviel Fett und Nüsse und Schokolade drin hat, dass selbst das willigste Natron das nicht „derstemmt“ – dann ist das kein guter Kuchen.
Drehe und wende es, wie Du willst.
Oder wandere halt aus in ein Land, wo sie kein ordentliches Brot kennen und sicher niemand von dort je hier einer alt eingesessenen österreichischen Kuchenbäckerin IRGENDWAS von der Fluffigkeit eines vernünftigen Kuchens erklären kann. Hypothetisch gesehen. Aber in echt vermutlich auch nicht.

ALSO:

MIR, der Kuchenidiotin hat die Torte extrem gut geschmeckt. Aber wie eingangs erwähnt. ICH bin definitiv KEINE Referenz.
Ich habe mich gerechtfertigt (ich weiß, ich weiß – rechtfertige dich NIEMALS!!! – aber in Bezug auf meine Koch- und Backtalente bin ich sehr sensibel 😉 und mutiere beim leisesten Anflug von Kritik sofort zum Volksschulkind…), dass ich eben dieses „Nasser-Schal-Ding“ gemacht hätte, damit keine Haube und so.
„Die schneidest du halt weg.“

Ok. Denen ist nicht zu helfen.
Wer SO arbeitet, kann mir zwanzig perfekte Sachertorten unter die Nase reiben. Nein, das ist eine Beleidigung meines Designerherzens. Wenn der Weg zur perfekten Torte darüber führt, dass ich die halbe Torte gerade schneiden muss, dann ist das nicht das richtige Genre für mich.

Ich backe weiterhin á la Dolores: Sitzengeblieben und vollmundig. Ich schneide nix gerade. Und dekoriere mit Leidenschaft.
Der nächste Anlass kommt bestimmt.
Kosten dürfen nur Gaumenfreunde.