Wenn der Schüler so weit ist…

… erscheint der Lehrer.

Heißt es.

Vor fünf Stunden habe ich erfahren, dass ich die Erwartungen, die in mich gesetzt wurden, nicht erfülle. Nun, ich wage mal zu behaupten, dass man sich eventuell nicht ganz klar über die Erwartunen war. Egal, solche Momente sind nicht schön. Sie gehören wohl zum Leben, aber sie können einem den Boden darunter wegziehen.
In meinem Fall erlebte und erlebe ich sie für meinen Geschmack in den letzten sieben Jahren zu oft.
In Zeiten von Social Media ist aber „failing“ alles andere als in. War es auch vorher schon nicht. Aber heutzutage muss man davon ausgehen, dass man bei einer Bewerbung auf Herz und Nieren gegoogelt wird. Und da zu schreiben, was auch immer einem auf der Zunge liegt, sollte man sich drei Mal überlegen.
Schon vorigen Herbst habe ich mehr und mehr das Gefühl verspürt, dass ich es satt habe eine Fassade zu kreieren – für wen auch immer.
Noch immer bin ich uneins mit mir, welche die bessere Strategie ist: Schwäche zu zeigen und einzukalkulieren, dass einem nie wieder jemand in seinem Team haben will. Oder ehrlich und arbeitslos zu sein.

Kate Davies zitiere ich nicht das erste Mal. Sie ist eine bemerkenswerte Wissenschaftlerin englischer Geschichte. Und eine Schlaganfallüberlebende. Nach einem Schlaganfall aufzuwachen und nicht mehr HerrIn über seinen Körper zu sein, muss eine definitiv lebensverändernde Erfahrung sein. Und damit meine ich nicht, den Umstand, dass man, wenn man Glück gehabt hat, wieder gehen lernen darf. Oder muss.
Aber Kate Davies ist auch einen begnadete Strickerin. Und Strickdesignerin. Und es wäre wohl nicht sie, würde sie nicht gleich das gesamt Schafwollbusiness in Schottland aufgerollt und in verschiedene Textformate gebracht haben. Zusätzlich zu ihren erstaunlichen Designs.
Gestern hat Frau Davies öffentlich darüber geschrieben, dass sie schon ihr Leben lang an einer bipolaren Störung leidet. Und dass sie das bewusst nicht mit der Öffentlichkeit geteilt hat, weil es eben noch immer nicht „en vogue“ ist eine mentale Krankheit zu haben. Und sie hat erwähnt, dass sie sich durchaus des Umstands bewusst ist, dass es viel mehr öffentliche Bekenntnisse geben muss, damit mentale Krankheiten endlich keine Stigmatisierung mehr mit sich bringen.

Ich weiß nicht ob ich an einer mentalen Krankheit leide. Vielleicht sollte ich ernsthaft meinen Mut zusammennehmen und mich einer Diagnose stellen. Aber ich bin 47 und viele Tage im Jahr fühle ich mich einfach „nicht richtig“. Habe ich das Gefühl, alles wäre einfacher, wenn ich nur „so oder so“ wäre. Oder zumindest ein bisschen mehr „so oder so“.
Aber gleichgültig ob es einen Titel für das Gefühl gibt oder nicht. Die Herausforderung ist, mit sich und der Gesellschaft um sich herum ins Reine zu kommen. Einen Weg zu finden, der für alle passt.
Insofern vielen Dank an Kate Davies.
Die mich daran erinnert, dass die Hände in den Schoß zu legen, manchmal das Beste ist, was man tun kann.