Selbstliebe Selflove Dachi Wickelkleid

„Jetzt mach mal auf verführerisch…!“

Das letzte Video, wo ich zeige, wie schnell man das Wickelkleid Dachi von einem coolen Mantel über Top und Tatamihose, mit Plastikschlapfen gestylt zu einem hocherotischem Kleidungsstück verwandelt, war wirklich eine Herausforderung für mich.
Aber ich habe so viele positive Reaktionen darauf erhalten, dass ich mir gedacht habe, ich möchte das in einem extra Post besprechen:
Ich habe Augen im Kopf und bin 46 Jahre alt. Ich weiß also, wie ich aussehe. Ich habe lange Beine, die mir schon so manches Kompliment eingehandelt haben. Der Rest ist …naja, Schönheit liegt im Auge des Betrachters ;-))

Aber genau da ist der Punkt, um den es mir geht. In meinen Zwanzigern hatte ich kurze Momente, wo ich mir meiner Weiblichkeit sehr bewusst war – und ja, sie auch eingesetzt habe. Aber ich konnte am Ende so gar nicht mit den Reaktionen umgehen, dass ich mich letztlich wieder auf eine kleine Insel zurück gezogen habe, wo alles schön sicher ist: Immer ein bisschen schlecht gelaunt, und für die, die mich besser kennen immer ein bisschen funny, Kleidung immer ein bisschen kindisch, so dass nur ja nie jemand sagen kann, schaut das ist sie, die hat ja das oder das nur bekommen/erreicht/wasweißich, weil … Und wenn es dann jemand gegeben hat, der hinter diese ganze Fassade geschaut hat und es sogar gewagt hat mir ein Kompliment zu machen, war meine erste Reaktion immer: “ …jaja, erzähl des wem anderen..“

Und es hat fast zwei Jahrzehnte gebraucht um zu erkennen, dass ich damit die andere Person abwerte. Was schlimm ist. Aber noch schlimmer ist, dass ICH MICH DAMIT ABWERTE!!!

Ich hatte in meinen Zwanzigern so unter Bulimie gelitten, dass ich letztlich in eine stationäre Therapie gegangen bin. Und das nur, weil eine Freundin mir das wirklich mit Nachdruck nahegelegt hatte – ich selbst war überzeugt, die schicken mich wieder heim, weil ich „nix Richtiges“ habe… So tief war also mein Selbstwertgefühl gesunken: Ich war nicht einmal eine therapeutische Behandlung wert. OMG. Das tut heute noch weh, wenn ich das schreibe.

Ich habe am Ende alles gut hinbekommen – aber was bis heute geblieben ist, ist diese ganz große Trauer um die vorangegangenen Jahre, wo ich mich selbst so …ja hässlich, so unliebenswert gefunden habe. Dieses Lebensjahrzehnt, das ich nicht so ausgekostet habe, wie man es als junge Frau um die 20 eigentlich tun sollte – sich selbst feiern – und sich feiern lassen! Und wenn wir hier nun wieder auf das Körperliche zurückkommen: Männer – oder auch nur einen Bestimmten um die Finger wickeln, sich auf Händen tragen lassen, in Komplimenten baden…

Natürlich ist mir klar, dass die wenigsten 20-jährigen das so machen, und die wilden Partygirls nicht alle aus purem Spaß am Leben es krachen lassen, ja vermutlich die Mehrheit sogar eine ähnlichen Rucksack wie ich herumtragen.

So what to do?

Millionen Mal gelesen, vorgebetet bekommen, auf Pinwände, Kühlschränke, Handycovers gesteckt: SELF LOVE!!!

Die schwierigste Übung überhaupt, wenn jemand hier ein Thema hat (und wer hat das nicht?). Aber daran führt kein Weg vorbei. Keiner. Niemals.

Und wie bei den Anonymen Alkoholikern: auch NIEMAND!

Niemand anderer kann einem jemals Selbstliebe geben. Man kann sich natürlich geliebt fühlen. Aber wenn man die Selbstliebe nicht hat, wird einem die Liebe eines anderen rasch suspekt… wie ich selbst oft erlebt habe: „Was ist an dem Typ krank, wenn der MICH lieben kann…?“ oder fahl oder irgendwas anderes, so dass man sich letztlich in seiner Annahme bestätigt findet, man sei einfach nicht liebenswert! Ein Teufelskreis.

Meine 30er waren mehr oder weniger mit Beziehungsfindung und Familiengründung sowie Kinderaufzucht ausgefüllt. Und schwuppdiwupp findet man sich Mitte 40 wieder und erkennt, die Kinderleins benötigen nicht mehr jede Sekunde Aufmerksamkeit. Und uppss… ich bin älter geworden. Mein Körper hat zwei Menschen Leben geschenkt und sie genährt, auch er ist älter geworden… und langsam schleichen sich wieder Zweifel ein, am eigenen Wert.

Vermutlich ist das der Punkt, wo die Schönheitsindustrie richtig fette Kohle macht. Und ich kann gar nicht sagen, wenn ich einen anderen finanziellen Hintergrund hätte, ob ich mich nicht auch unters Messer legen würde. Es ist soooo einfach die große Handlung zu setzen, anstatt jeden verdammten Tag sich in den Spiegel zu schauen und zu finden, man sei das Beste, was einem passieren kann!

Aber genau darum geht es.

Sich selbst mindestens genauso gut zu behandeln, wie man die beste Freundin behandelt: Wenn es ihr nicht gut geht, nimmt man sie in die Arme. Anstatt sie zu schelten, was sie wieder nicht auf die Reihe gebracht hat. Wenn sie einem grau und müde entgegen kommt, sucht man nach einer Möglichkeit sie zu unterstützen, kaum würde man ihr raten: „Du unter uns gesprochen, aber möchtest du diese Tränensäcke jetzt nicht endlich mal wegmachen lassen?“

Und mit diesem Hintergrund habe ich Mitte 40 begonnen mich einzucremen. Das mag für viele die totale Lachnnummer sein. Aber für Menschen mit Körperthemen ist es DIE Herausforderung: Sich von Kopf bis Fuß – in meinem Fall von Fuß bis Kopf einzucremen. Sich zu spüren. Mit allem was da ist. Ich habe mir das quasi als Therapie selbst verordnet: DAS ist dein Körper, er hat Unglaubliches geleistet und jetzt bedankst du dich bei ihm! Streiche solange über diesen Bauch, der zwei Menschen in sich getragen hat, bis du ihn schön findest … und wenn es bis zum Ende deiner Tage braucht!

Diese Reise ist noch nicht zu Ende. Es gibt gute Tage. Es gibt bessere. Noch immer trage ich Badeanzug im Freibad oder am Strand. Aber ich bin mir näher gekommen. So nahe, dass ich mir meiner Weiblichkeit wieder mehr bewusst geworden bin. Auch der Erotik, die diese Weiblichkeit mit sich bringt. Das hat sich dann mit meinen Schnittdesigns verwoben. Dieses Bedürfnis eine Hülle zu schaffen für Körper, die sich selbst schön finden, die sich wohl fühlen … und dann wollte ich nicht mehr nur sehr luftige Hüllen haben, sondern auf einmal fiel mir wieder Dachi ein, das Wickelkleid.

Und dann wollte ich unbedingt zeigen, wie sexy das Wickelkleid ist. Wie eine Frau Mitte 40 mit durchschnittlichen Attributen sich selbst sexy fühlen kann. Mit deutlicher Betonung auf SEXY FÜHLEN!!!
Ich meine nicht, sexy anziehen … das kann jeder. Es geht mir um die INNERE Ausstrahlung! Um das innere Gefühl des „sexy seins“.

Die in den Weltmedien abgebildete Erotik hat ja ein Ablaufdatum maximal Ende 30. Es gab mal eine sehr schöne Ausstellung in Graz, wo eine Künstlerin Frauen über 50, 60 fotografiert und werbemäßig gezeigt hat. Es ändert sich gerade, aber noch immer sind Frauen über 60 auf Werbesujets für Inkontinenz und Versicherungen abgestellt. Ganz zu schweigen von Erotik jenseits der 60.

Und ja mit all diesen Vorgaben habe ich ein Video gemacht, wo ich all das reinpacken wollte: eine Frau, die im Leben steht, die ihren Alltag meistert – und sich dabei stylish kleidet. Und die sehr gerne z.B. am Abend ein Date hat, wo die Verwandlung nicht Stunden sondern Sekunden in Anspruch nimmt und die dann mit der gleichen Lässig- und Selbstverständlichkeit, wie sie vorher vielleicht Meetings und Sandkistenbesuche gewuppt hat, nun sich an die Bar setzt und sich ihrer Wirkung durchaus bewusst ist – und sie genießt… auch weil sie weiß, dass auch diese Zeit irgendwann vorbei sein wird und wie schade wäre es, würde man zurück blicken und feststellen, dass man das viel zu wenig genossen hat?

Aber ganz ehrlich: es war sauuu schwer für mich, das darzustellen! Zu dem zu stehen, was ich meine, fühle. Das nach außen zu transportieren. Nicht nur aus der letzten Reihe gscheit daher zu reden, sondern es auch zu zeigen. In sozialen Medien, die so populär sind, wie IG und fb.
Ich muss zugeben, dass ich mir eine große Portion Mut bei dieser Dame geholt habe: Jenna Kutcher. Bei ihr geht es total um Selbstliebe. Sie hat keine Modelmaße und wollte sich endlich selbst lieben … am besten ihr lest selbst nach. Ich dachte mir jedenfalls sofort: JA! BITTE! MEHR!
Und auch gleich mehr Frauen, die keine 20 mehr sind. Deren Bäuche nicht nur Speckfalten haben, sondern vielleicht auch gerissenes Gewebe, weil sie schwanger waren, Gesichter mit Falten, weil diese Babies ihnen den Schlaf geraubt haben, Hände mit Altersflecken und Adern, weil man im ganzen Familienalltag sicher nie so oft die Gummihandschuhe oder die SF50+ Handcreme benutzt, wie man sollte… ICH bin eine solche Frau.
Und wenn die ganze Mode/Beautyindustrie uns solche Frauen nicht zeigt, dann fange ich eben an damit!

Ich bin froh, dass ich mich getraut habe. Und ich hoffe ich finde noch öfter den Mut, genau das zu thematisieren: Frauen und ihre Weiblichkeit inkl. Erotik.

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