Alt? Älter… oder Frances und ich

In den letzten Jahren habe ich es vermieden im Urlaub einen Fuß in die Social Media Welt zu setzen.
Aber seit ich nicht mehr muss, will ich.
Zumindest Instagram hat mich fest in seinem Griff ;-).
Aber ich musste, abseits vom Alltag, gelöst durch feriales Ambiente und frischem Wind im Kopf, einige Abos dankend zurücklegen.
Zu groß wurde der Abstand zu meinem eigenen Ich.
Ich war Ski fahren – wie die geneigten LeserInnen wissen – und das ist kein Sport für alte Damen.
Meine Oberschenkel brannten. Und eine Piste von oben bis unten in einem durch zu fahren ist wohl nichts mehr als eine Erinnerung.
Ich kann damit.
Auch dass ich an allen Tagen praktisch um 21h im Bett lag.

Aber ich bekam mehrmals täglich Damen in mein Handy geliefert, die rein rechnerisch nicht so unendlich weit von mir entfernt sein dürften. Sie sehen allerdings aus, als wären sie allesamt Topmodels oder zumindest B-Klasse Schauspielerinnen aus amerikanischen Fernsehserien. Kein Haar ist „undone“. Oder wenn es so aussieht, dann gibt es sicher irgendwo eine Anleitung wie man das mit dem eigenen auch so hinkriegt. Schuhe, Schmuck, Styling. Alles perfekt inszeniert vorm Spiegel. Und die nicht minder perfekt inszenierte Wohnung darf den passenden Hintergrund bilden.

Wer mir nun den blanken Neid unterstellt, möge das tun.
Die Chancen stehen sicher nicht schlecht, dass sich hinter meiner Oberfläche so etwas zusammenbrodelt.
Vordergründig – also meinem Bewusstsein zugänglich – steht aber ein grosses Fragezeichen.
Es ist nämlich nicht so, dass es bei den nämlichen Instagram/Blogbesitzerinnen großes Variantentum gäbe. Weiß ist alles, gerne mit Glitzer. Scandi-Chic sowieso. Kuchen in mindestens ebenso perfekter Topmodelmanier ist eigentlich auch immer dabei.
Hier gestehe ich den blanken Neid ungeniert ein.
Weil wenn ich so viele Kuchen büke, würde ich wohl auch so viele Kuchen essen. Und dann kommt bei mir alles zum Tragen, wovon diese Damen wohl alle unberührt geblieben sind: schlechte Gene, zwei Kinder ausgetragen, zwei Kinder GEtragen, langsam sich verlangsamender Stoffwechsel, …

Nun könnte man sagen, dass in einer demokratischen Welt – Andy Warhol sei Dank – jeder seine 15 Minuten Stardasein haben darf. Die Kommentare tun ihr übriges dazu.

Und dann habe ich ein grenzgeniales Interview mit Frances McDormand gesehen.
Wer erinnert sich nicht an die wunderbare hochschwangere Polizistin in Fargo?
Aber statt wie Steve Buscemi von H&M zum männlichen „schiach-is-cool“ Rolemodel gemacht zu werden, steht Frances irgendwo ganz hinten. Wohl auch selbst gewählt.
Aber sie sagt in dem Interview, dass eine Freundin meinte, die jungen Frauen würden Frauen wie sie brauchen.

Ich sage – nicht nur die jungen Frauen. Auch Frauen wie ich.
Was oder wer bin ich, wenn ich NICHT mitspielen mag, bei „desperate highly motivated housewife“
Wenn ich finde, es gibt Teile meines Körpers, die dürfen UNoptimiert sein. Auch meines Haushalts.

In mir regte sich mehr und mehr die Lust dem etwas entgegen zu setzen. Eine Frau. Einfach so.
Nichts dazu getan. Nichts weggenommen. Come undone.

Wäre es nicht schön, wenn sich DAS mal zu einem Instatrend entwickelt?
Eine Milliarde unretouchierter Bilder von Frauen post 30? Lieber noch post 40?

12 Kommentare
  1. LÖwin.g
    LÖwin.g sagte:

    Schlimm eigentlich, dass man einen Trend generieren muss, um etwas ganz natürliches wieder normal sein zu lassen… Ich gehöre heuer gerade noch zur Generation 50- und kann es unter anderem immer noch nicht recht fassen, dass meine Matura jetzt schon 30 Jahre her ist… Ich habe damals schon am liebsten Jeans getragen… meine Naturlocken lassen mir wenig Spielraum bei der Frisur und färben mag ich sie auch nicht … das Lackieren von Fingernägeln ist mir meist zu mühsam, weil ich es nicht abwarten kann, meine Hände zu benutzen… Das Elegant sein, Dame werden und alles was dazu gehört habe ich immer vor mir her geschoben… nur selten habe ich Lust auf "das kleine Schwarze" und dann fühle ich mich auch wohl darin… aber wenn ich es anziehen muss, du meine Güte, dann ist es ob ich mich verkleide…
    Aber nun, mit fast 50 habe ich ein ganz anderes Problem… Womöglich sagen mir die Leute bald nach, ich zöge mich so an um jugendlicher zu wirken… dabei bin ich eben so… MUSS ich jetzt anfangen mich "älter" zu machen als ich mich fühle… MUSS ich demnächst Röcke tragen, elegante Schuhe anziehen und meine Haare zu einem Knoten zusammenbinden … NEIN, echt nicht, das kann ich mir nicht vorstellen… ich verschiebe das vorerst mal wieder für die nächsten 10 Jahre, dann reden wir weiter
    Es wäre toll, wenn wir vielleicht bei der Messe Wels die Gelegenheit haben ein bisserl "in echt" miteinander zu reden.
    Das würde mich sehr freuen.
    Herzliche Grüße
    Birgit

  2. miju miju
    miju miju sagte:

    Schön! Dich entdeckt zu haben! Erfrischend ehrlich. Authentisch sein, dieses Wort vermisse ich in unserer heutigen Welt SEHR. Auch ich lasse mich begeistern, einlullen, frustrieren – in dieser Reihenfolge.
    Öfters mal abschalten und an den Spruch meiner Oma denken: "Kinder seid dankbar".
    LG

  3. 19nullsieben
    19nullsieben sagte:

    Danke, find ich gut, was du hier schreibst! Kann mit diesen Inszenierungen und Hypes auch ganz schlecht leben, verzichte also auf vielen Blogs, Instragram-Auftritten etc. einfach drauf. Aber so gänzlich kann man dem ganzen dann doch nicht aus dem Weg gehen – da freue ich mich aber über Positionierungen wie die deine umso mehr!
    Liebe Grüße, Selina

  4. M
    M sagte:

    Nur zu mit dem Instatrend! Ich wäre gerne dabei! (Aber Vorsicht, Pickel inklusive! ;-))
    Liebe Grüße und danke für diesen tollen, mutmachenden Beitrag
    M.

  5. Jans Schwester
    Jans Schwester sagte:

    Gelassener, doch immer wieder unsicher, reflektierter, weniger problembewusst, cool und doch auch ängstlich…molliger, weil es nicht mehr so wichtig ist schlank (um jeden Preis) zu sein, endlich angekommen, zumindest öfter mal…faltiger aber mir mehr Strahlen IN den Augen, fast 49, der 50 ins Auge blickend und keine alte Dame! Es ist die innere Haltung, denk ich.
    Und ein fast 10-Jähriger Sohn, dem ich weder eine "ich bin ja noch so jung" noch eine "ich bin halt schon alt" Mutter zumuten kann.
    Für die Kinder spielt Alter und all das (zB: Haushalt!) keine Rolle und das guck ich mir ab.
    Und ein Smartphone muss ich mir wohl dann auch bald zulegen…da bin ich echt altmodisch…bisher

    Ich mag Dein Bild. Schaust doch echt gut aus!!

    Liebe Grüße und noch schönen Urlaub,
    Kerstin

  6. Tagpflückerin
    Tagpflückerin sagte:

    Danke für deinen Beitrag! Mir geht's anders als Felicitas, ich bekomme die Krise, wenn ich mit meinen 45 noch auf jung machen soll. Wenn meine Bekannten ähnliche Kleidung tragen wie meine Teenieschüler (nur einige Klassen hochpreisiger). Mag ich nicht. Mithalten, um jeden Preis, mag ich auch nicht. Ich fahre nicht mehr so schnell Schi, dafür schöner. Ich lese nicht mal mehr so viel wie früher, (Müdigkeit, die Augen brennen), dafür wähle ich genauer aus, was ich mir gönne. Ich färbe meine Haare nicht, dafür gibt's da auch keinen Ansatz, der mir peinlich sein könnte, kurz vor dem nächsten Durchgang. Ich hadere schon oft mit den Veränderungen, denen ich nun ausgesetzt bin, bin deshalb auch nicht bei Instagram (ich bin zu oft "as I am", das mag ich mir nicht ansehen, mein Esstisch ist jeden Mittag warm, aber meist aufgewärmt, direkt aus dem Topf serviert, die Kuchen schmecken, sehen aber nicht immer so aus). Danke für die Bilder der beiden schönen Frauen, Frances und dir. Mein erster Impuls war: wenn ich so schöne Haut hätte, würd ich mich auch einfach so zeigen. Immer diese Wenn und Aber, ich muss noch viel lernen. glg Petra

  7. Felicitas
    Felicitas sagte:

    Ich stimme zu: Nix an sich machen lassen & den Haushalt sowieso. Aber eine alte Dame mit 40plus? Ich kriege immer die Krise wenn alle ein wenig über 40 von sich als alte Dame reden. Meine Schwägerin (gut sie ist 50plus) die sich auf die Pension vorbereitet. Jessas! Wir sind nicht am Ende, sondern mitten drin. Aber vielleicht ist das meine persönliche Krise. Aber ich trainiere auch gerade, um die Abhänge auch im Tiefschnee in einem Durchfahren zu können und um in den nächsten Ferien ein Profi Race Training bekommen zu können. Das geht nämlich auch mit 40. Wenn sie genug gelächelt haben, in der Race-Schischule, dann finden die das nämlich ziemlich cool. Wenn man sich nix scheisst und mit den 17jährigen ein bisschen sich durch die Stangeln matcht.

  8. Saskia
    Saskia sagte:

    Ah, das tut gut. Bin ja erst seit Januar auf Instagram, aber wundere mich seither täglich, wie manch andere das eigentlich macht mit toller Wohnungen, frisch gewaschenen Haaren und schicken Outfits. Bin immer froh, wenn ich Unordnung sehe und ein Wohnzimmer mal nicht aussieht wie aus der Wohnzeitschrift und ein Selfie nicht optimiert wurde (danke!). Und wenn ich Kuchen backe, dann schmeckt der zwar gut, aber auf unseren ollen Tellern auf dem verkrümelten Esstisch sieht das auch immer irgendwie anders aus … undone eben. Also: Gerne mehr vom wahren Leben!

  9. Frau Gold
    Frau Gold sagte:

    hoppla!
    danke für de3inen beitrag, die meta ebene hat hier durchaus einen platz wie ich finde.
    ich vermute jede befasst sich gedanklich- irgendwie- mit deinem heutigen thema- eventuell ohne dies kundzutun. dabei tun wir sonst soviel kund, was?
    natürlich fühle ich mich (auch) von dir angesprochen. (und bin froh, dass ich in deinem feed verbleiben durfte.)
    du hast die momentane kultur treffend beschrieben, aber ich würde das auch noch von einer anderen seite betrachten wollen:
    wie wohltuend, sich ein stück wirklichkeit schaffen zu können, durchs kuratieren von beiträgen. dem, dem man selbst raum geben möchte, raum geben zu können. auf jenen plattformen. sich von einer gewissen seite zu zeigen. zu spielen damit. ja, zu performen auch. —>ich halte das für ein bedürfnis. und frage mcih, wo dieses bedürnis sich bahn gebrochen hat vor web 2.0. spannend!
    es gibt viele seiten an mir. an meinem haushalt. meinem tun. meinem umfeld. mit mac´nchem hardere ich. manches genieße ich. um vieles ringe ich. und das ist auch gut so.
    was für mich die crux ist: schaffe (schöpfe), bringe ich hervor, gestalte ich die dinge um ihrer selbst willen? oder um darüber zu bloggen, zu pinnen, zu posten. das sollte man sich ab und an fragen. dann passt es. meine ich.
    ein versöhnlicher ansatz, nicht?
    umgib dich mit was du willst. (oder mit wem du willst- in deinem feed. im ganz echten leben hast du weniger wahl.) und das ist gut so. doch: ich habe die erfahrung gemacht, dass die personen, orte, ereignisse, die ich verfolge, mich real auch bewegen, bereichern, inspirieren.
    das ginge mir mit dir sicher auch so. 🙂
    schönen(!) freitag!
    S.
    (sehr schönes bild von dir.)

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